Fünf Auswahlkriterien für DC-Schütze

Elektromechanische Schaltgeräte haben gegenüber Halbleiterschaltern wie IGBTs einen entscheidenden Vorteil: die galvanische Trennung. Allerdings führt das mechanische Öffnen eines DC-Stromkreises unter Last unweigerlich zu einem Lichtbogen, der im Anschluss behandelt und gelöscht werden muss, weshalb die Auswahl eines geeigneten Schalters nicht trivial ist.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Datenblätter unterschiedlicher Hersteller kaum vergleichbar sind. Zwar gibt es nach EN 60947 Klassifizierungen für Prüfverfahren und Gebrauchskategorien, Angaben dazu sind aber in den wenigsten Datenblättern zu finden. Außerdem gibt es für niederinduktive Systeme - zu denen die meisten Batterieanwendungen zählen – keinen einheitlichen Standard. Folgende Kriterien helfen Ihnen dabei, das passende Schütz auszuwählen.

1. Definition der tatsächlichen Applikationsanforderung

Der erste Schritt zur optimalen Bauteilauswahl ist die Definition der tatsächlichen Applikationsanforderungen. Sie erfolgt im Idealfall in der frühen Entwicklungsphase sowie im engen Dialog zwischen Entwickler und Hersteller der Schaltgeräte. Bemessungsisolationsspannung und Bemessungsbetriebsstrom sind dabei elementare Werte. Während die Spannung meistens recht einfach zu definieren ist, kommt es bei der Festlegung des Stroms teilweise zu ersten Problemen. Der Bemessungsbetriebsstrom, auch thermischer Dauerstrom genannt, beschreibt die mittlere Stromstärke im Normalbetrieb. In Verbindung mit dem Kontaktwiderstand der Hauptkontakte im Schütz, welcher maßgeblich von Kontaktmaterial und Kontaktkraft abhängt, sorgt der Bemessungsbetriebsstrom für eine Erwärmung des Schützes. Der Bemessungsbetriebsstrom von DC-Leistungsschützen wird von den Herstellern unter festgelegten Umgebungsbedingungen definiert.
Bei anderen Einbaubedingungen kann der tatsächlich zulässige Wert davon abweichen, ohne dass ein Schaden zu erwarten ist. Wird der DC-Schütz beispielsweise in einem belüfteten Schaltschrank installiert, sind häufig Überschreitungen um 25% möglich. Wichtig ist jedoch, dass diese individuell mit dem Hersteller abgesprochen werden müssen. Das Abschaltvermögen wiederum kann teilweise deutlich über, aber auch deutlich unter den Auslegungsparametern liegen. Je nach Applikation gibt es Betriebspunkte, in welchen kurzzeitige Stromspitzen auftreten. Diese sind jedoch für die thermische Betrachtung vernachlässigbar. Trotzdem sollte das DC-Leistungsschütz in der Lage sein, im Fehlerfall auch in diesen Betriebspunkten sicher abschalten zu können.

2. Induktivität im Stromkreis

Neben den Strom- und Spannungswerten ist die Induktivität im Stromkreis ein wichtiger Faktor, der das Abschaltvermögen erheblich beeinflussen kann. Je nach Höhe der Induktivität entsteht beim Ausschalten eine Spannungsspitze, welche die Lichtbogenintensität erhöht. Kennzeichnend hierfür ist die Zeitkonstante, die sich aus dem Verhältnis zwischen Induktivität und Widerstand ergibt. Beispielweise steigert sich beim DC-Leistungsschütz C294 von Schaltbau das Ausschaltvermögen um 300%, wenn die Zeitkonstante von 15 auf 1 ms verringert wird.

3. Bidirektionalität

Schütze, die beispielsweise nicht für bidirektionale Anwendungen vorgesehen sind, können Ströme nur in einer Stromrichtung abschalten. Bidirektionale Schütze beherrschen beide Stromrichtungen sicher und sind ideal für alle Anwendungen mit Energierückspeisung. Typisches Beispiel hierfür sind Energiespeicher, in denen Batterien geladen und wieder entladen werden müssen. Andere Anwendungsbereiche sind rückspeisefähige Systeme, batteriebetriebene Fahrzeuge, DC-Ladesäulen.

4. Betrachtung des Kurzschlussfalls

Wie bei allen Anwendungen ist die Betrachtung des Kurzschlussfalls vorzunehmen. Um dabei eine Beschädigung des Schützes zu verhindern, sollten DC-Leistungsschütz und Hauptsicherung aufeinander abgestimmt werden. Für die Implementierung von Sicherheitsfunktionen kann es darüber hinaus erforderlich sein, den Schaltzustand des Schützes zu überwachen. Hierzu benötigt das Schütz einen Rückmeldekreis.

5. Mechanische und elektrische Lebensdauer

Die Anforderungen an die Lebensdauer eines DC-Leistungsschützes werden im Wesentlichen von der Applikation vorgegeben. Man unterscheidet hierbei zwischen mechanischer (Schaltspiele ohne Last) und elektrischer (Schaltspiele unter definierter Last) Lebensdauer. In vielen aktuellen Applikationen, wie Batteriespeichern oder auch im Automobilbereich, schaltet das Schütz in der Regel lastfrei. Die Elektronik regelt die Leistung ab, bevor das Schütz schaltet und für die galvanische Trennung sorgt. In diesem Fall orientiert sich die Anforderung an der mechanischen Lebensdauer, die deutlich höher ist als die elektrische. Abschaltungen unter Last sind in diesem Szenario ausschließlich Notabschaltungen, die in der Regel nur wenige Male während der Gesamtlebensdauer des Systems auftreten. Es gibt allerdings auch einige Anwendungen, bei denen das Schaltgerät die arbeitende Rolle einnimmt (hot switching) . In Industrie- oder Bahnapplikationen gibt es Fälle, in denen ein Schütz mehrere hunderttausend Mal den Bemessungsbetriebsstrom abschalten muss. Um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, bietet Schaltbau verschiedene DC-Schütze an, die für einen ähnlichen thermischen Dauerstrom ausgelegt sind. Dabei weisen die Schütze der CT-Serie ein hohes Abschaltvermögen und eine lange elektrische Lebensdauer bei großen Induktivitäten (Zeitkonstante = 15 ms) auf. Die kleinere C310-Serie wurde hingegen für den Einsatz in Anwendungen entwickelt, bei denen das Schalten unter Last nur selten vorkommt und die Zeitkonstante L/R kleiner als 0,1 ms ist. Der Unterschied zwischen den beiden Serien spiegelt sich unter anderem bei Gewicht, Bauraum, und Kosten wieder.